Die Corona-Pandemie hat bei zahlreichen Menschen Angst, Unsicherheit und ein Gefühl der Hilflosigkeit verursacht. Viele sind in den letzten Monaten an den Rand ihrer körperlichen und seelischen Belastbarkeit gekommen. Neben Kindern und Jugendlichen sind laut Studien besonders Erwachsene unter 35 Jahren, Frauen, Singles und Menschen ohne Arbeit von psychischen Belastungen betroffen. „Häufige Symptome sind Schlafstörungen, ständiges Grübeln und verstärkte Antriebslosigkeit“, erklärt Primar Dr. Martin Barth, Leiter der Abteilung für Psychiatrische und Psychotherapeutische Medizin am Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Steyr. Besteht eines dieser Alarmzeichen über einen längeren Zeitraum hinweg, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.
Hinsehen und ansprechen!
Viele Menschen, die schon vor der Pandemie psychisch erkrankt waren, haben vermehrt Probleme, den Alltag zu bewältigen. Bei ihnen haben sich depressive Symptome verstärkt. Psychische Veränderungen und Verhaltensweisen können darauf hinweisen, dass eine Person über einen Suizid nachdenken könnte. Was können Angehörige, FreundInnen oder ArbeitskollegInnen tun, wenn sich ein Mensch zurückzieht, Kontakte reduziert, Interessen vernachlässigt oder verstärkt Alkohol beziehungsweise Drogen konsumiert?
„Nicht wegsehen, offen ansprechen, dass Sie sich Sorgen machen. Im ersten Schritt ist Zuhören wichtig. Geben Sie nicht gleich konkrete Tipps, sondern schaffen Sie Vertrauen. Für Betroffene ist es oft auch schwierig zur Hausärztin/ zum Hausarzt oder zu psychologischen Beratungsstellen beziehungsweise Akutambulanzen zu gehen. Hier können Sie Ihre Begleitung anbieten und so die/den Betroffene/n unterstützen“, empfiehlt der Experte und ergänzt: „Regelmäßige, gemeinsame Aktivitäten wie Spaziergänge oder gemeinsame Mahlzeiten können ebenfalls unterstützen. Sie sorgen für eine Tagesstruktur und geben Betroffenen wieder mehr Halt.“ Trotz Einschränkungen ist es wichtig, Dinge zu tun, die Freude bereiten, und die Zeit sinnvoll zu nutzen, etwa mit einem neuen Hobby. „Wir leben in einer herausfordernden Zeit. Wenn Sie Symptome einer psychischen Belastung an sich oder anderen feststellen, sprechen Sie darüber, beziehungsweise sprechen Sie die Person darauf an. Suchen Sie gemeinsam Hilfe, indem Sie Angebote nutzen und sich beraten lassen. Wird ein Krankenhausauenthalt empfohlen, folgen Sie diesem Rat. Alle Spitäler haben umfangreiche und strenge Hygiene- und Schutzmaßnahmen ergriffen, sodass das Ansteckungsrisiko minimal gehalten wird“, informiert Primar Dr. Martin Barth.
Ansprechpersonen bei seelischen Beschwerden
Die Hausärztin/der Hausarzt ist die erste Anlaufstelle bei psychischen Beschwerden wie Schlafstörungen oder wenn bereits eine psychische Erkrankung diagnostiziert ist. Zudem stehen bei gesundheitlichen Beschwerden die geschulten Fachkräfte der telefonische Gesundheitsberatung 1450 rund um die Uhr zur Verfügung. Über die jeweils richtige Anlaufstelle im Gesundheitssystem informiert auch die Website www.wobinichrichtig.at. Bei finanziellen Sorgen können Gespräche mit der Schuldnerberatung oder mit der Bank die Situation erleichtern. Die Krisenhilfe OÖ ist rund um die Uhr unter der Telefonnummer 0732/2177 erreichbar.
Hilfe auch online und per Telefon Viele psychosoziale Beratungsstellen bieten Online- und Telefonberatungen an. „Auch telefonische und Online-Beratungen sind hilfreich und sinnvoll. Wichtig ist in jedem Fall, Hilfe zu suchen und anzunehmen“, so der Abteilungsleiter abschließend.