Präanalytik
Allgemeines
Ein leider oft zu wenig beachtetes Thema ist die Präanalytik, also sämtliche Teilschritte von der Entscheidung eine Analyse durchführen lassen zu wollen bis zur eigentlichen Bestimmung des Analyten. Fehler während dieser Zeit sind die häufigste Ursache für klinisch unplausible Resultate. Es sind bei der Interpretation von Ergebnissen auch gewisse Einflussfaktoren zu beachten – nämlich unveränderliche (z.B. Alter, Geschlecht, Rasse) und veränderliche (z.B. Ernährung, Entnahmezeitpunkt, Körperlage, Aktivität). Einige dieser Einflussfaktoren sind bekannt und teilweise in unseren Referenzwerten berücksichtigt. Funktionstests (z.B. ACTH-Stimulation, Dexamethason-Hemmtest, Glukagon-Belastungstest, Pentagastrin-Test, etc.) verlangen darüber hinaus das Einhalten spezieller Vorschriften.
Die korrekte Patientenindentifikation ist einer der entscheidenden Schritte in der präanalytischen Phase. Internationale Organisationen, die sich mit dem Thema der Patientensicherheit befassen, empfehlen die sog. „Zwei-Merkmale-Methode“ zur korrekten Patientenidentifikation vor jeder diagnostischen oder therapeutischen Maßnahme.
Blut
Es ist das CLSI Dokument GP41 „Collection of Diagnostic Venous Blood Specimens“ zu beachten (Clinical and Laboratory Standards Institute; Wayne, PA 19087, USA; www.clsi.org).
Idealerweise erfolgt eine Blutentnahme am sitzenden bzw. liegenden, nüchternen Patienten um 07:00 Uhr in der Früh. Da dies nicht immer realisierbar ist, sollten die Blutentnahmen möglichst immer unter denselben Bedingungen durchgeführt werden.
Jedes Blutentnahmeröhrchen muss mit dem richtigen Patientenetikett beklebt sein (unbeschriftetes Material wird von vom Labor nicht angenommen). Das Patientenetikett bitte senkrecht auf die Röhrchen kleben, sodass der Füllstand erkennbar ist und die Informationen auf dem Patientenetikett gut lesbar sind. Eine korrekte Entnahme hilft, viele Fehlerquellen auszuschalten. Gerinnungshemmende Zusätze in den Blutentnahme Röhrchen können Testergebnisse verfälschen. Es dürfen daher keinesfalls Röhrchen mit dem Inhalt von anderen Röhrchen vermischt werden.
Die Farbkodierung ist deshalb strikt zu beachten:
- EDTA-Röhrchen (violetter oder rosafarbener Stöpsel): werden verwendet für die Bestimmung von Blutbild, HbA1c und Blutsenkungsgeschwindigkeit, ACTH, etc. Sofort nach der Abnahme gut schwenken, um eine Gerinnsel-Bildung zu vermeiden.
- Gerinnungs-Röhrchen (blauer Stöpsel): müssen unbedingt bis zur Markierung gefüllt werden, um korrekte Resultate zu gewährleisten. Schaumbildung bei der Entnahme ist zu vermeiden. Bei unvollständiger Füllung muss eine erneute Probe entnommen werden. Sofort nach der Abnahme gut schwenken, um eine Gerinnsel-Bildung zu vermeiden.
- Lithium-Heparin-Röhrchen (grüner Stöpsel) bzw. Serum-Röhrchen (roter Stöpsel): hier hat die Füllhöhe auf die Richtigkeit der Analyse keinen Einfluss. Um jedoch die Summe der Parameter bewältigen zu können, wäre ein volles Röhrchen von Vorteil.
Wichtige Hinweise:
- Die Venöse Stauung darf nur kurzfristig angelegt werden. Empfohlen wird maximal eine Minute, da es sonst zu einem Anstieg der Konzentration von makromolekularen Substanzen wie Enzymen, Lipiden und Proteinen und daran gebundenen Elektrolyten wie Calcium und Magnesium kommt.
- Wiederholter Faustschluss bzw. das sog. „Pumpen“ während der Blutentnahme ist zu unterlassen. Es kann zu einem Anstieg von Kalium und Magnesium führen.
- Starke körperliche Belastung und einige therapeutische und diagnostische Maßnahmen wie i.m. Injektionen und Prostatapalpation führen zum Anstieg von diversen Enzymen und Substraten.
- Nahrungsaufnahme vor der Entnahme ist zu unterlassen, da sehr viele Parameter dadurch verändert werden. Für einige Parameter existieren spezielle Diätvorschriften.
- Grundsätzlich soll eine Probe nicht gelagert werden, sondern unmittelbar nach der Abnahme ins Labor gebracht werden. Ein zu langes Intervall zwischen Blutentnahme und Abtrennen der zellulären Bestandteile führt bspw. in der Probe zu einem Anstieg von Kalium und Verlust von Glukose.
- Die korrekte Angabe des Entnahmezeitpunktes ist besonders wichtig bei Parametern, die circadianen Rhythmen unterliegen (z.B. auch Eisen und Cortisol) oder bei Funktionstests (z.B. ACTH-Stimulation, Dexamethason-Hemmtest, Glukagon-Belastungstest, Pentagastrin-Test, etc.).
- Hämolyse im Plasma bzw. Serum (z.B. durch fehlerhafte Entnahme oder durch falsche Lagerung) führt zu Anstieg von Kalium und einer Reihe von Enzymen (z.B. LDH, CK, AST). Außerdem stört die durch Häm bedingte Eigenfärbung bei einer Reihe von Farbreaktionen und kann zu falsch hohen oder falsch niedrigen Messergebnissen führen.
- Ikterisches Plasma bzw. Serum kann bei Absorptionsmessungen im Bereich zwischen 400-500 nm interferieren.
- Lipämie des Plasmas bzw. Serums führt durch Verdrängungseffekte zu einer scheinbaren Erniedrigung der Elektrolyte (Natrium, Kalium, Calcium). Die Trübung kann bei Turbidimetrie- und Absorptionsmessungen stören.
- Arzneimittel (einschließlich Plasmaexpander) und ihre Metabolite zeigen Interferenzen durch Eigenfarbe (Rifampicin, Antrachinone), durch Fluoreszenz (Tetrazykline), durch reduzierende Eigenschaften (Ascorbinsäure, Dopa) oder durch Chelatbildung (Phenothiazine). Generell ist zu beachten, dass Arzneimittel die Resultate von Laboranalysen nicht nur durch methodische Interferenzen beeinflussen können, sondern dass häufiger unbekannte resp. unerwartete pharmakologische Effekte in-vivo zu Veränderungen führen.
- Manche Probenröhrchen müssen gekühlt ins Labor gebracht werden, bspw. jene zur Bestimmung von Ammoniak, Laktat oder ACTH.
- Manche Probenröhrchen müssen körperwarm ins Labor gebracht werden, bspw. jene zur Bestimmung von Kälteagglutininen oder Kryoglobulinen.
Oraler Glukose-Toleranztest (oGTT)
Vorbereitung für den Test:
- Nüchterner Zustand seit 6-8 Stunden vor Einnahme der Glukose; Einnahme von Wasser ist erlaubt.
- An den drei vorangehenden Tagen kann der Patient seine normale physische Aktivität ausüben, er muss Mahlzeiten mit mindestens 150 Gramm Kohlehydraten zu sich nehmen.
- Patienten nach einem Eingriff im Gastro-Intestinal-Trakt dürfen keinem oGTT unterzogen werden.
Durchführung des Tests:
- Wenn der Glukose-Wert der ersten Blutabnahme ≤126mg/dl ist, bekommt der Patient eine Zuckerlösung (75g in 150 ml) zu trinken. Anschließend muss er auf die nächste Blutabnahme warten.
- Während der Wartezeit muss der Patient sitzen oder liegen (nicht herumlaufen) und darf weder essen noch trinken noch rauchen.
- Bei schwangeren Patientinnen wird eine Blutabnahme zur Glukose Bestimmung nach 60 Minuten durchgeführt. Alle übrigen Patienten machen die zweite Blutabnahme 120 Minuten nach der Glukose-Einnahme. 120 Minuten nach der Glukose-Einnahme wird bei schwangeren Patientinnen die dritte Blutabnahme durchgeführt.
Spontanharn
Spontanharnproben sind eher für qualitative Aussagen geeignet. Sind exakte quantitative Aussagen erwünscht (z.B. für Elektrolyte), sollte die Bestimmung aus dem Sammelharn angestrebt werden. Dem Spontanharn sind keine Stabilisatoren zuzusetzen. Als Spontanharnprobe wird der Mittelstrahl des ersten oder zweiten Morgenharns verwendet. Bei ambulanten Patienten kann die Probe zu Hause gesammelt werden. Die Sammlung muss in den vom Krankenhaus ausgegebenen Behältern erfolgen. Das Labor nimmt keine anderen Behälter an.
Sammlung des Mittelstrahlharns:
- Ersten Urinstrahl ins WC laufen lassen.
- Den folgenden (mittleren) Urinstrahl im bereit gestellten Harnbehälter auffangen.
- Den Behälter gut verschließen, um das Verschütten der Probe während des Transportes zu verhindern.
Für den Drogenschnelltest kann jeder Spontanharn zur Anwendung kommen.
Sammelharn (24-Stunden-Harn)
Um eine korrekte Messung durch das Labor zu gewährleisten, sind die entsprechenden Sammelvorschriften (inkl. evtl. notwendiger Stabilisatoren) unbedingt zu beachten. Der Patient ist genau zu instruieren:
- Die Harnsammlung erfolgt in einem sterilen, graduierten Plastikbehälter, mit einem Fassungsvolumen von 2,5-3,0 Litern.
- Die Sammlung des 24-Stunden-Harns beginnt nachdem der erste Harn (morgens gegen 07:00 Uhr) weggeschüttet wurde und dauert bis zum folgenden Tag inklusive der Sammlung des ersten Morgenharns. Der Sammelbehälter mit dem bereits gewonnenen Harn sollte während der Sammelzeit gekühlt gelagert werden. Nach der Sammlung muss der Harn umgehend im Labor abgegeben werden.
- Bei einigen Analysen (siehe weiter unten) muss als stabilisierende Substanz Salzsäure hinzugefügt werden. Da die Berührung mit Salzsäure gefährlich ist (kann Verätzungen bewirken), müssen folgende Anweisungen berücksichtigt werden:
- Den Harn in einem anderen Behälter sammeln.
- Den Sammelbehälter öffnen und wegen der Salzsäure-Dämpfe etwas auf Distanz halten, um diese nicht einzuatmen.
- Den Harn langsam in den Sammelbehälter schütten, um Spritzer zu vermeiden.
- Die Hände dabei vorsichtshalber mit wasserundurchlässigen Handschuhen schützen.
- Den Sammelbehälter gut verschlossen und für Kinder unerreichbar aufbewahren.
Spezielle Vorschriften für Sammelharn mit Säurezugabe:
- Calcium, Phosphat und Magnesium (laut Packungsbeilage Siemens, Atellica CH): Beim Harnsammeln über 24 Stunden bildet sich ohne Säurezusatz ein Sediment, welches zu einem großen Teil aus schwerlöslichen, anorganischen Salzen besteht (z.B. Calciumphosphat, Calciumoxalat, Magnesiumammoniumphosphat). Das Dekantieren von Harn für die Laboruntersuchung hat zur Folge, dass die schwerlöslichen Salze, die sich als Sediment am Boden des Sammelgefäßes angesammelt haben, bei der Laboruntersuchung nicht miterfasst werden. Dies führt zu falsch tiefen Calcium-, Phosphat und Magnesiumwerten im Harn. Durch Zugabe von Salzsäure zum Harn können diese Salze in Lösung gehalten werden. Dabei ist ein pH-Wert von <3 einzuhalten.
Zusammenfassende Übersicht zum Sammelharn:
Analysen, die nur mit Säurezusatz durchgeführt werden können: |
Analysen, die auch aus angesäuertem Harn durchgeführt werden können: |
Analysen, die nur ohne Säurezusatz durchgeführt werden können: |
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Calcium |
Natrium |
Chlorid |
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Phosphat |
Kalium |
Osmolalität |
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Magnesium |
Kreatinin |
Eiweiß |
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Albumin |
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Harnsäure |
Falls Analysen aus Harn mit und ohne Säurezusatz notwendig sind, muss der Harn an zwei verschiedenen Tagen gesammelt werden.
Konkremente
Trocken und ohne Zusätze in ein sauberes, gut verschließbares Gefäß geben. Keine Zugabe von Formalin oder sonstigen Flüssigkeiten. Bitte solides Transportgefäß verwenden.
Liquor
Mit Blut vermischter Liquor ist für chemische Analysen ungeeignet. Bei der Sammlung wird empfohlen, die ersten Tropfen zu verwerfen. Gesammelt wird am besten in drei Entnahmeröhrchen (nur die sterilen Röhrchen mit weißem Schraubverschluss verwenden). Liquor sofort nach Entnahme persönlich im Labor abliefern (Zellzählung muss rasch erfolgen).
Körperflüssigkeiten bzw. Punktate
Für jede Körperflüssigkeit sind spezifische Standarduntersuchungen sowie einige, gezielt anforderbare Zusatzuntersuchungen vorgesehen.
Für die Untersuchung von Körperflüssigkeiten muss folgendes berücksichtigt werden:
- Das Untersuchungsmaterial muss persönlich ins Labor gebracht werden.
- Die Untersuchungen werden werktags Montag bis Freitag von 07:00 bis 16:00 Uhr durchgeführt.
- Falls eine dringende Untersuchung nötig ist, außerhalb des oben genannten Zeitraums, muss das Labor kontaktiert werden.
Stuhl auf okkultes Blut
Spezielle Vorschriften für die Gewinnung einer Stuhlprobe:
- Vor der Durchführung des Tests ist keine besondere Diät einzuhalten.
- Den Test nicht während der Menstruation oder bei Hämorrhoiden durchführen.
- Den Schraubverschluss des Probenröhrchens (durchsichtig, mit grünem Schraubverschluss) herausdrehen und mit dem Spiralstäbchen an drei verschiedenen Stellen ca. 2 cm tief in die Stuhlprobe hineinstechen und derart eine kleine Menge Stuhl entnehmen.
- Das Spiralstäbchen mit der kleinen Stuhlmenge wieder zurück in das Probenröhrchen mit der Pufferlösung geben und den Schraubverschluss zudrehen. Gut schütteln, damit sich der Stuhl vom Spiralstäbchen ablöst und sich in der Pufferlösung verteilt.
- Patienten-Etikett Namen auf das Probenröhrchen kleben.
- Bis zur Probenabgabe im Labor kann der Behälter im Kühlschrank bei 2-8ºC für maximal 14 Tage aufbewahrt werden.
- Die Flüssigkeit aus dem Probenröhrchen darf nicht eingenommen werden. Sollte die Flüssigkeit mit Augen, Mund oder Haut in Berührung kommen, die Stellen sorgfältig mit Wasser spülen.
Calprotektin im Stuhl und Pankreatische Elastase im Stuhl
Bitte geeigneten Probenröhrchen verwenden (i.e. CALEX Cap Device).
Samenflüssigkeit
Sperma wird benötigt zur Beurteilung der männlichen Fertilität (Spermiogramm). Zuweisung nur durch die Abteilung Urologie des Krankenhauses Vöcklabruck.
Vorbereitung des Patienten:
- Um eine korrekte Beurteilung der Fertilität zu ermöglichen, muss eine Zeit der sexuellen Abstinenz eingehalten werden, die mindestens drei Tage, aber nicht mehr als sieben Tage andauern soll.
- Unter Abstinenz versteht man das Fehlen einer Ejakulation (Geschlechtsverkehr, Masturbation, spontane nächtliche Ejakulation).
- Mit Fieber sollte man die Untersuchung nicht durchführen, außer eventuelle mikrobiologische Untersuchungen.
Anweisungen zur Gewinnung der Samenflüssigkeit:
- Es ist der Harnbecher von der Urologie-Ambulanz für die Gewinnung der Samenflüssigkeit zu verwenden.
- Es darf nur dieser Behälter verwendet werden, das Labor nimmt keine Proben an, die in anderen, nicht geeigneten Behältern gesammelt wurden.
- Es wird die gesamte Samenflüssigkeit, welche mittels Masturbation gewonnen wurde, gesammelt.
- Die Proben müssen mittwochs zwischen 07:00 Uhr und 09:30 Uhr im Labor abgegeben werden.
- Falls die Sammlung zu Hause durchgeführt wird, muss die Probe bei 25-37°C (Jackentasche innen) in aufrechter Position und gut verschlossen transportiert werden und innerhalb 45 Minuten im Labor abgegeben werden.
- Falls es nicht möglich ist, die Probe innerhalb von 45 Minuten abzugeben (z.B. nicht Ortsansässige), muss die Sammlung im Krankenhaus durchgeführt werden.