SCHÄRDING. Wie schon im gleichnamigen Film „Während du schliefst …“ ist es für PatientInnen, die bewusstlos sind oder künstlich beatmet schwierig, umliegende Geräusche, Lichtquellen oder die vielen Berührungen zuzuordnen. Aus diesem Grund wurde vor zehn Jahren am Klinikum Schärding ein Intensivtagebuch, das von Pflegekräften und Angehörigen gleichermaßen geführt wird, ins Leben gerufen. Seither wurden mehr als 60 Tagebücher an unsere PatientInnen weitergegeben.
Tagelang bewusstlos oder künstlich beatmet. Dazwischen nur schemenhafte Wahrnehmungen, ein Piepsen der Geräte, fremde Stimmen und Geräusche, die nicht zuordenbar sind. So beschreiben viele IntensivpatientInnen ihre Zeit auf der Intensivstation. Viele von ihnen leiden noch lange nach ihrem Aufenthalt unter Erinnerungslücken und manchmal sogar unter Ängsten oder Albträumen. Um dem entgegenzuwirken und die „verlorene Zeit“ zu dokumentieren, wurde vor zehn Jahren ein Intensivtagebuch ins Leben gerufen. „Viele Patientinnen und Patienten erzählen von Erinnerungen, die oft nicht der Wirklichkeit entsprechen. Sie können das Puzzle in ihrem Kopf nicht richtig zusammenstellen und sind damit konfrontiert herauszufinden, was real ist und was Trugwahrnehmungen sind“, erzählt DGKin Edith Moser, die sich während ihrer Fachbereichsarbeit mit der Konzepterstellung beschäftigte. Gemeinsam mit ihren drei Kolleginnen wurde das Projekt Intensivtagebuch in den Alltag der interdisziplinären Intensivstation erfolgreich integriert.
Erfahrungen verarbeiten über die „verlorene“ Zeit
Tagebücher wurden vor über 30 Jahren in Skandinavien und England entwickelt. Das Intensivtagebuch wird vom interdisziplinären Intensivteam und/oder Angehörigen täglich geführt. Es werden Veränderungen, Rückschläge und natürlich Verbesserungen der Situation des Patienten/der Patientin so genau wie möglich beschrieben. In dem Tagebuch werden keine medizinischen Fachausdrücke benützt. Es handelt sich vielmehr um Erzählungen/Berichte, was mit dem Patienten/der Patientin jeden Tag geschieht. Tagebücher werden für jene PatientInnen erstellt, die mehr als drei Tage im Tiefschlaf sind bzw. beatmet werden. „Der erste Eintrag ist etwas ausführlicher. Hier erfolgt eine Zusammenfassung der Ereignisse, die zur Aufnahme und Therapie des Patienten oder der Patientin geführt haben. Alle weiteren Einträge werden auf Veränderungen, Entwicklungen (z.B. erstes Sitzen auf der Bettkante) und Interventionen (z.B. Tracheotomie) aufgebaut. Wenn der Patient/die Patientin auf eine Normalstation verlegt wird, wird ihm/ihr das Tagebuch ausgehändigt und er/sie kann wenn er/sie dazu bereit ist, darin lesen. Auch Angehörige können Einträge über ihre Gedanken, Beobachtungen und Sorgen schreiben oder sie erzählen, was sich Zuhause getan hat. Auch Fotos sind eine willkommene Abwechslung“, erklärt Moser.
Zahlreiche positive Rückmeldungen
„Anfangs wussten wir nicht, wie die Tagebücher angenommen werden. Doch bald konnten wir uns über ein sehr positives Feedback von Patienten und Patientinnen aber auch Angehörigen freuen. Alle fanden die Idee sehr gut und viele schrieben uns eine Dankeskarte, in der das Intensivtagebuch hervorgehoben wird. Zudem erhielten wir die Rückmeldung, dass die Patientinnen und Patienten das Tagebuch nicht nur einmal, sondern des Öfteren lesen und auch es auch gerne Angehörigen und Freunden zeigen. Es unterstützt sie sehr gut dabei, mit der Zeit auf der Intensivstation umzugehen“, informiert die engagierte Pflegefachkraft. Auch das Team auf der Intensivstation sieht das Tagebuch sehr positiv und wird es sicher in den kommenden Jahren weiterführen.
Patientengeschichte: Gottfried „Gucki“ Gruber
Knapp vier Monate lang lag Gottfried Gruber, besser bekannt als Gucki – aufgrund einer schweren Corona-Erkrankung auf der Intensivstation im Klinikum Schärding. Davon rund sieben Wochen im künstlichen Tiefschlaf. Während dieser Zeit wurde ihm ein Intensivtagebuch erstellt, in dem er auch heute noch gerne nachliest. „Für mich ist das Intensivtagebuch etwas ganz Besonderes und das i-Tüpfelchen! Das Tagebuch ist enorm wichtig für mich und so lieb geschrieben. Das ganze Team hat sich so viel Mühe gegeben. Mir war gar nicht bewusst, dass ich so lange ‚weg‘ war. Als ich dies nachgelesen habe, war ich selber erschüttert. Ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet, am Ende meines Aufenthaltes eine so große Überraschung zu erhalten“, erzählt Gottfried Gruber und fügt hinzu: „Meine ganze Familie war involviert und hat das Buch mitgestaltet. Zudem habe ich zahlreiche Bilder von meinen Enkeln erhalten. Das Team der Intensivstation hat dann diese Bilder und Fotos der Familie für mich aufgehängt. Nach so langer Zeit im Spital habe ich meine Familie sehr vermisst und vor allem auch meine Katzen.“ Nach vielen und intensiven Trainingseinheiten war Gucki Gruber vier Monate nach seiner Genesung wieder auf der Rennstrecke zu finden. Zuvor ist er täglich bis zu zehn Kilometer gegangen und dann gelaufen.
Bildtext:
Bildtext: v.l.n.r.: DGKPin Drahomira Sinzinger, Stationsleitung Intensivstation, OA Dr. Friedrich Rausch, Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin, Patient Gottfried „Gucki“ Gruber und DGKPin Edith Moser.
Fotocredit: OÖG, honorarfrei
Kurzfassung:
Tagelang bewusstlos oder künstlich beatmet. Dazwischen nur schemenhafte Wahrnehmungen, ein Piepsen der Geräte, fremde Stimmen und Geräusche, die nicht zuordenbar sind. So beschreiben viele IntensivpatientInnen ihre Zeit auf der Intensivstation. Viele von ihnen leiden noch lange nach ihrem Aufenthalt unter Erinnerungslücken und manchmal sogar unter Ängsten oder Albträumen. Um dem entgegenzuwirken und die „verlorene Zeit“ zu dokumentieren, wurde vor zehn Jahren ein Intensivtagebuch ins Leben gerufen. Seither wurden mehr als 60 Tagebücher an unsere PatientInnen weitergegeben. Das Intensivtagebuch wird vom interdisziplinären Intensivteam und/oder Angehörigen täglich geführt. Es werden Veränderungen, Rückschläge und natürlich Verbesserungen der Situation des Patienten/der Patientin so genau wie möglich beschrieben. In dem Tagebuch werden keine medizinischen Fachausdrücke benützt. Es handelt sich vielmehr um Erzählungen/Berichte, was mit dem Patienten/der Patientin jeden Tag geschieht. Tagebücher werden für jene PatientInnen erstellt, die mehr als drei Tage im Tiefschlaf sind bzw. beatmet werden.
Rückfragen bitte an:
MMag.a Viktoria Ortner,
PR & Kommunikation, Klinikum Schärding
Tel.: 05 055478-22250,
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