Autoimmunerkrankungen Kompakt-Info
Gesundheitswissen to go
Wenn der Körper gegen sich selbst kämpft
Das Immunsystem ist so etwas wie die „Polizei“ des Körpers. Es schützt vor Antigenen (z. B. Bakterien, Viren, Pilze, Schadstoffe aus der Umwelt, aber auch Krebszellen) die dem Organismus schaden und ihn krank machen können. Ist es intakt, identifizieren die Immunzellen gefährliche Erreger und machen sie in der Regel unschädlich. Bei einer Fehlsteuerung kommt es jedoch auch vor, dass diese Abwehr sich gegen körpereigene Strukturen (z. B. Gewebe, Zellen) richtet, diese beschädigt oder sogar zerstört, was zu chronisch-entzündlichen Prozessen führt. Hieraus resultieren Autoimmunerkrankungen.
Betreffen kann dies alle Organe und so sind Autoimmunerkrankungen sehr vielschichtig und können z. B. zu Erkrankungen der Haut, der Atemwege, des Darms, des Nervensystems oder auch der Schilddrüse führen. Rund 80 bis 100 Autoimmunerkrankungen sind derzeit bekannt. Circa fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung sind betroffen – Frauen mit über 70 Prozent häufiger als Männer. Die Tendenz ist in den vergangenen Jahren steigend, z. B. bei Diabetes Typ 1, rheumatoider Arthritis, Schuppenflechte oder Multiple Sklerose. Autoimmunerkrankungen sind damit die dritthäufigste Krankheitsgruppe nach Herz-Kreislauf- oder Tumor-Erkrankungen. Viele PatientInnen haben nicht nur eine Autoimmunerkrankung, sondern leiden unter mehreren zugleich.
Formen
Unterschieden werden zwei Arten von Autoimmunerkrankungen: organspezifische und systemische. Zu den organspezifischen gehören z. B. Diabetes Typ 1 (Bauchspeicheldrüse), Autoimmunhepatitis (Leber), Zöliakie (Dünndarm), Gastritis Typ 1 (Magen), Hashimoto Thyreoiditis/Morbus Basedow (Schilddrüse) und Multiple Sklerose (Nervenfasern). Zu den systemischen Autoimmunerkrankungen, bei denen verschiedene Organe (= das ganze System) betroffen sind, zählen z. B. Rheumatoide Arthritis (Gelenke), Lupus erythematodes (zahlreiche Organe), Polymyositis (Muskulatur), Systemische Vaskulitiden (Gefäße), Sjögren Syndrom (exokrine Drüsen, z. B. Speichel- oder Tränendrüse) und Sklerodermie (Bindegewebe von Haut, Gefäßen und inneren Organen).
Auslöser
Die Ursachen für Autoimmunerkrankungen sind sehr komplex. Meist wirken verschiedene auslösende Komponenten zusammen, die für eine Störung des lebenserhaltenden immunologischen Gleichgewichts sorgen. Es werden zahlreiche Faktoren in Medizin und Forschung diskutiert sowie in laufenden Studien untersucht, die die Entstehung von Autoimmunerkrankungen begünstigen können. Hierzu gehören beispielweise unter anderem gewisse Gene, die anfälliger für die Entwicklung einer Autoimmunerkrankung machen, eine erbliche Veranlagung, aber auch Umwelt- und Lebensstilfaktoren wie etwa Ernährung, Rauchen, Chemikalien, verschmutzte Luft sowie chronischer Stress.
Therapie
Autoimmunerkrankungen sind bislang noch nicht heilbar, jedoch stehen zahlreiche medikamentöse und nicht-medikamentöse Behandlungsoptionen (oft auch in Kombination) zur Verfügung, um Beschwerden zu lindern und das Fortschreiten der jeweiligen Erkrankung möglichst zu verhindern. Optimal ist eine interdisziplinäre Therapie, denn die intensive Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Fachdisziplinen bringt für die PatientInnen den größten Nutzen. Gegen die entzündlichen Reaktionen werden entsprechende Arzneimittel verordnet. Auch Medikamente, die beispielsweise das Immunsystem unterdrücken (Immunsuppressiva wie z. B. Cortison), kommen häufig zum Einsatz. Allerdings wird durch Letztere das gesamte Immunsystem gedrosselt, wodurch PatientInnen auch anfälliger werden für bestimmte Infektionen oder Krebsarten. Ferner unterstützen Bewegungs-, Licht- und Verhaltenstherapie sowie eine Ernährungsumstellung viele Betroffene erfolgreich im Management ihrer Autoimmunerkrankung(en).
Unbehandelt können Autoimmunerkrankungen hingegen bis zur Zerstörung des betroffenen Organs und fallweise, bei schwerem systemischen Verlauf, auch bis zum Tod führen. Eine frühzeitige diagnostische Abklärung mit geeigneter Therapie ist daher unerlässlich.
Weiterführende Informationen zum Thema sowie die detaillierte Beschreibung diverser Autoimmunerkrankungen und ihrer Behandlungsmöglichkeiten lesen Sie in unserem PatientInnen-Magazin visite. Dieses finden Sie online unter https://www.ooeg.at/visite.